Dan XU

    Rede Dan XU, Kunsthistorikerin , Organisatorin der China Ausstellung 2015, Eröffnung der Einzelausstellung im Dorinth Hotel, Köln Heumarkt

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    lieber Ernst-Martin,

    „Alles fließt über die Oberfläche des Bildes, zusammengehalten durch einen starken, alles durchströmenden Rhythmus.“

    Mit diesem Zitat des britischen Kunstkritikers John Anthony Thwaites aus dem Jahre 1957 begrüße ich Sie herzlich zur Eröffnung der Ausstellung „Ernst Martin Heel – Bilder 2000-2014“.

    Wie der Titel bereits verrät, zeigen wir Ihnen Malerei des Künstlers Ernst Martin Heel aus den letzten 15 Jahren. Doch die Beschäftigung mit der Kunst begann für ihn bereits viel früher.

    Ernst-Martin Heel wurde 1950 in Bonn geboren. Angeregt durch die kulturellen Einflüsse der 60er Jahre setzt er sich bei seinem Studium der Germanistik und Geschichte, zunächst in Bonn und später an der Universität Freiburg, auch intensiv mit den Ausdrucksformen und Theorien moderner bildender Kunst auseinander. Insbesondere die Entwicklung des deutschen Informell, eine Kunstrichtung, die mehr eine Haltung als ein Stil ist und sich als Ausdruck der Freiheit und Authentizität entfaltete, beeinflusste ihn nachhaltig bei der inhaltlichen und formalen Entwicklung seiner Malerei, welche er inzwischen seit mehr als 40 Jahren mit Leib und Seele betreibt.

    Lassen Sie uns die Bilder von Ernst Martin Heel einmal näher betrachten. Wenn man den Blick über den Raum schweifen lässt, dann sehen wir eine Malerei, die gegenstandslos ist, in gewissen Maßen abstrakt; Wir sehen farbige Flächen und Linien, die sich zu einer spannungsvollen Komposition im Bild einfügen. Farben, Linien und Komposition stehen also im Vordergrund. Nun müssen Sie einen Schritt näher treten, um die Beschaffenheit der Farbe, der Linien und des Farbauftrags zu erkennen. Wir sehen hier das sanfte Ineinandergleiten von blau, violett und schwarz, dort ein Aufblitzen von reinem Weiß und intensivem Rot . Ernst Martin Heel spielt gerne mit Farbeffekten und Kontrasten. Das Zusammenspiel der Farben ist mal harmonisch melodisch, mal überraschend aggressiv. Er verdünnt die Farbe mit Terpentin und lässt es über die Leinwand fließen oder wischt die dickflüssige Farbe mit großem Schwung und Kraft auf das Bild, sodass der Duktus innerhalb eines Bildes sich verändert: mal ist er sanft fließend, mal energisch pastos und erzeugt so unterschiedliche Ebenen, Strukturen und Dynamiken im Bild.

    Was sollen die Bilder aussagen oder darstellen, mögen Sie jetzt fragen. Wenn man sich das dynamische Farbenspiel anschaut, dann kommen Assoziationen mit Naturlandschaften in den Sinn, oder man denkt bei den kreisartigen Elementen an organische Strukturen, an Werden und Vergehen, an Umbruch aber eben auch an Harmonie.Und all dies in seiner wechselseitigen Bedingtheit. Doch dem Künstler geht es in erster Linie nicht um die Darstellung von Konkretem, es geht ihm um die Freiheit und Authentizität des Kunstschaffens und der Darstellung individueller Welterfahrung an sich.

    Ernst Martin Heel verwendet die Farben frei, d.h., er entbindet sie bewusst von der Verpflichtung zur Abbildung und bringt sie als das wahre Thema der Malerei zur Geltung. Der Künstler versteht das Malen als Handlung, als einen prozessualen, gestischen Akt. Durch die bereits erwähnter Dynamik im Bild, hervorgerufen durch Unterschiede im Farbauftrag und Pinselführung, bietet das Bild dem Betrachter die Möglichkeit, diesen vielfältigen Spuren visuell zu folgen und den Malprozess nachzuvollziehen, welches Bewegung, Zeit und Geschehenes einschließt.

    1969 formulierte der Maler Fred Thieler, ein Vertreter des deutschen Informell, ein Statement zu seiner Kunstauffassung, das meines Erachtens gut auf den Künstler Ernst Martin Heel übertragbar ist: „Maler sein, heißt für mich, die Existenz eines Zeitgenossen zu führen, der den Hauptteil seines Daseins mit dem Versuch verbringt, die Impulse seines Lebens malend aufzuzeigen – oder im Malvorgang zu gewinnen. Malen bedeutet für mich, die Erfahrungsanalogien und –differenzen zu registrieren und ein Erzeugnis zur Entstehung zu bringen, das, aus dem Malprozess entlassen, für den Betrachter wie für den Maler selber sich als Reflexion menschlichen Daseinserlebnisses darstellt und anbietet. So scheint mir „Malen“ ein Prozess, dessen Wesensgehalt forschendes Tun ist – forschendes Tun als Ergebnis offener Analyse.“

    Seit mehr als 40 Jahren lässt die Malerei Ernst Martin Heel nicht mehr los. Ähnlich wie aus dem Zitat Thielers kann man die Beschäftigung mit der Kunst bei Ernst Martin Heel als künstlerische Haltung, sogar als Lebenshaltung verstehen. Das „forschende Tun“ gilt für den Künstler wie für den Betrachter gleichermaßen, und Sie sind heute herzlich eingeladen, dies mit zu erleben und zu erforschen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen spannenden Abend mit Ernst Martin Heel und seine Kunst.