Rede zur VernissageStage Gallery, Bonn, November 2024

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich freue mich, Sie heute Abend zur Eröffnung der Ausstellung „Ernst-Martin Heel“ begrüßen zu dürfen. In den nächsten Momenten lade ich Sie ein, seine künstlerische Geschichte und seine Werke kennenzulernen – ich verspreche Ihnen, es ist spannend und inspirierend!

    Ernst-Martin Heel ist ein Künstler, der seit über vier Jahrzehnten die Grenzen der Malerei erkundet und dabei tief in die Theorie und Praxis der abstrakten Kunst eingetaucht ist.

    Er wurde 1950 in Bonn geboren und begann 1968 sein Studium der Germanistik und Geschichte in Bonn und Freiburg – es war eine Zeit, die durch die kulturellen Umbrüche der 60er Jahre geprägt war. Zunächst war die Musik, eine Band, wichtiger Bestandteil seines Lebens. Doch bald schon entdeckte er die Malerei für sich, obwohl sie in seiner Schulzeit eher ein „Antifach“ für ihn war. Als Autodidakt setzte er sich intensiv mit Kunsttheorie auseinander, auf der Suche nach seinem eigenen künstlerischen Standpunkt. Wichtig war ihm, dass es nie „l`art pour l ́art“ sein sollte!

    Ab 1970 begann er, seine Werke in Ausstellungen zu zeigen – erste Ausstellungen fanden mit Bernd Hagemann, Improvisationen Klavier/Querflöte und Malerei, und Inge Jung in Bonn statt. Diese frühen Arbeiten, waren stark von humanen und gesellschaftlichen Themen geprägt. Sie unterschieden sich noch deutlich von seinen heutigen freifließenden, abstrakten Kompositionen.

    Er arbeitet vorwiegend allein, ist aber stets in engem Kontakt mit der internationalen Kunstszene und regelmäßig auf Ausstellungen vertreten.

    Eine wichtige Quelle der Inspiration für Ernst-Martin Heel waren Künstler des Deutschen Informel und der Abstraktion: insbesondere Fritz Winter, Fred Thieler und Karl Otto Götz. Ihre Werke und Gedankenwelten haben auch ihn nachhaltig geprägt. Besonders bemerkenswert ist, dass er Ende der 80er Jahre die eben erwähnten Künstler Fred Thieler und Karl Otto Götz persönlich durch die Galerie Hennemann in Bonn kennenlernen konnte.

    Auch ein Austausch mit Jörg Immendorff, einem älteren Mitschüler, fand statt. Er wird sich sogar an den Ausstellungsaktivitäten zu dessen 80. Geburtstag im nächsten Jahr beteiligen.

    Kommen wir noch einmal zurück zu den eben genannten Künstlern: Winter, Götz und Thieler. Im Folgenden werde ich einige Zitate erwähnen, die diesen Künstlern zugeschrieben werden, um diese in Verbindung mit Ernst-Martin Heels Arbeiten zu setzen. Denn sie sind hervorragend geeignet, um auch seine Arbeitsweise und Haltung zu beschreiben.

    So sagte Fritz Winter, ein Pionier der abstrakten Kunst, einmal: „Farbe ist nicht Ausdruck von Gefühlen, sie ist selbst Gefühl.“ Dieser Gedanke spiegelt sich auch in Heels Arbeiten wider, denn in seinen Werken steht die Farbe selbst im Zentrum, nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Träger von Emotionen, Stimmungen und Dynamik.

    Ein weiteres prägendes Zitat stammt von Fred Thieler, der sagte: „Malen heißt für mich, das Leben zu erleben und auf die Leinwand zu übertragen.“ Dieser Ansatz, der das Malen als prozesshaften, erlebten Akt begreift, passt perfekt zu Ernst- Martin Heels Verständnis der Malerei. Denn er betrachtet das Malen als eine lebendige, forschende Tätigkeit, bei der jede Leinwand zu einem Schauplatz von Bewegung, Zeit und Erleben wird. Diese Dynamik ist in seinen Bildern deutlich spürbar – das Spiel mit der Struktur der Farbe, der rhythmische Einsatz von Bleistiftstrichen, die kraftvolle Pinselführung.

    Karl Otto Götz, eine weitere Schlüsselfigur des Informel, äußerte: „Ein Bild ist dann gelungen, wenn es die Spannung hält zwischen Chaos und Ordnung.“ Auch Ernst-Martin Heels Werke verkörpern dieses Spannungsverhältnis. Seine Bilder entstehen aus dem Zusammenspiel von Zufall und Kontrolle, von freien Farbverläufen und gezielten Eingriffen. Es ist genau diese Balance, die seine Werke lebendig macht und ihnen eine einzigartige Dynamik verleiht.

    Werden wir konkret und schauen wir uns dieses Bild „Rot – eruptiv“ an. Technisch bevorzugt er das Arbeiten mit Öl und Dispersionsfarbe auf Leinwand. Dynamik, das sehen wir in diesem Werk, ein Bild, das förmlich pulsiert vor Lebendigkeit und Kraft. Das intensive Rot, welches in der Bildmitte hervorbricht, verleiht dem Werk Energie, die sich ansteigend und eruptiv nach außen ausbreitet. Der helle Hintergrund bietet den Farben einen Kontrast, sodass das lebendige Karminrot aber auch die erdigen, orangen Farbtöne noch intensiver wirken. An den Rändern bilden kräftige Violett-Töne Inseln, die das Rot an verschiedenen Stellen umspielen und dem Bild so seine Balance verleihen. Die gestischen Striche und Linien, die das Bild durchziehen, könnten den Betrachter auch an Skizzen oder Aufzeichnungen erinnern. Es sind kleine Fragmente die Raum lassen, Raum für Mutmaßungen.

    Dieses Bild steht damit ganz im Zeichen der Freiheit und Authentizität, die seinen künstlerischen Ausdruck prägen.

    Sehr wichtig zu erwähnen ist noch, dass Ernst-Martin Heel seit fast zehn Jahren interdisziplinär und regelmäßig mit dem Komponisten Markus Schönewolf zusammen arbeitet. Ihr gemeinsames Projekt „Lieder in Bildern“ fand im Kölner Raum große Beachtung und es zeigt sein ständiges Bestreben, die Grenzen der Kunst zu erweitern. Die Presse sprach 2017 von einem „fast magischen Erlebnis“, von „bleibender Schönheit“, einer „Explosion der Farben“, der „Ermöglichung des Unmöglichen“ …

    Bevor wir nun fast am Ende dieser Einführung sind, noch kurz einige Hinweise zu den Titel seiner Bilder. Er wählt diese meist erst nach deren Fertigstellung, oft nach einem intuitiven Bauchgefühl. Interessanterweise verwendet er häufig englische Titel, denn diese ermöglichen ihm eine gewisse Distanz zum Werk und er empfindet den Klang in einer anderen Sprache oft besonders spannungsvoll. Dabei wählt er auch Titel aus der Popmusik oder Literatur. Die Auswahl der Bilder für eine Ausstellung trifft er oft erst kurz vor der Eröffnung – ein Zeichen dafür, wie eng seine Kunst mit dem Moment des Erlebens und der Intuition verbunden ist.

    Kommen wir nun zum Abschluss, dieser Einführung: Ernst-Martin Heel hat seine Werke oft außerhalb von Bonn präsentiert, aber eine seiner eindrucksvollsten Ausstellungen fand in der Deutschen Raumfahrtagentur in Bonn-Oberkassel statt. Und heute freut er sich besonders, seine Arbeiten erneut in seiner Heimatstadt und in einer neuen Galerie, der Stage Gallery, zeigen zu können.

    Ich lade Sie ein, die Werke von Ernst-Martin Heel heute Abend nicht nur zu betrachten, sondern sich auf ihre tiefere Bedeutung einzulassen, ihre Dynamik und Ausdruckskraft zu erforschen.

    Lassen Sie sich von den Farben, Formen und Strukturen inspirieren – und von der Freiheit, die in jedem Bild steckt.

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen eindrucksvollen Abend!

    Patricia Roßhoff-Roy
    Künstlerin und Referentin für Kunstschaffende